Der ACE Auto Club Europa sieht in der geringen Zahl vollstreckter "EU-Knöllchen" ein Anzeichen dafür, dass viele EU-Staaten dem entsprechenden rechtlichen Regelwerk nichts abgewinnen können. Das im Oktober 2010 in Kraft gesetzte EU-Abkommen zur Grenzen überschreitenden Vollstreckung von Verkehrsstrafen laboriere offenbar an einem "Geburtsfehler", sagte ACE-Chefjurist Volker Lempp am Mittwoch in Stuttgart. "Die vollstreckten Bußgelder kassiert der vollstreckende Staat und nicht derjenige, der den Bescheid im Land des Verkehrsvergehens in die Wege geleitet hat". Auch im privaten Bereich würde niemand die Mühen und Kosten einer Vollstreckungsmaßnahme auf sich nehmen, wenn der ganze Vollstreckungserlös dem Gerichtsvollzieher zufließen würde, meinte Lempp.
Da scheint es unter dem Strich doch aussichtsreicher, die Beitreibung von Bußgeldern nicht einer im Heimatland des Verkehrssünders ansässigen Behörde zu überlassen, sondern die Vollstreckung abseits des Rechtsweges selbst in die Hand zu nehmen, mutmaßt ACE-Verkehrsjurist Lempp. Er führt als Beispiel die staatliche Beauftragung privater Inkassounternehmen an. Lempp berichtete, Italien mache diese Methode derzeit vor. Italien hat das EU-Vollstreckungsabkommen bislang nicht umgesetzt und stattdessen eine zentrale Stelle geschaffen, die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Nivi Credit S.r.l. Div. European Municipality Outsourcing) die ausländischen Verkehrssünder mit Bußgeldverfahren und Zahlungsaufforderungen überzieht. Bemerkenswert: Die Bescheide sind auf Deutsch, ein Einspruch muss jedoch in italienischer Sprache eingelegt werden! Mit diesem „System Berlusconi“ dürften die Italiener auch ohne EU-Vollstreckungsabkommen auf ihre Kosten kommen.
Quelle: ACE.de